Anlagestrategien für Privatanleger: Wie eine Anlagestrategie entwickeln?

Bevor du dir eine Anlagestrategie entwickeln kannst, solltest du die möglichen Risiken kennen und dich in die jeweilige Anlegerklasse einordnen können. Fangen wir mit den Risiken an:

Konjunkturrisiko

Gefahr von Kursverlusten, die dadurch entstehen, dass der Anleger die Konjunkturentwicklung nicht oder nicht zutreffend bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigt und dadurch zum falschen Zeitpunkt eine Wertpapieranlage tätigt oder Wertpapiere in einer ungünstigen Konjunkturphase hält.

Inflationsrisiko

Wenn Geld entwertet wird, kann das dem Anleger an den Geldbeutel gehen. Eine Inflation kann Vermögen oder den Gewinn, der mit dem Vermögen erwirtschaftet werden soll, schmälern.

Länderrisiko

Wenn ein ausländischer Schuldner trotz eigener Zahlungsfähigkeit seine Zinsen und Tilgungen nicht rechtzeitig oder gar nicht zahlt. Grund: Der Schuldner will oder kann die Summe nicht überweisen.

Währungsisiko

Wenn man Papiere einer fremden Währung besitzt und der Devisenkurs sinkt, fällt somit auch der Wert der Papiere. Durch die Aufwertung des Euro oder die Abwertung von Auslandswährungen verlieren die in Euro bewerteten ausländischen Anlagen an Wert. Wenn die Papiere an der deutschen Börse gehandelt werden, kommt zum Kursrisiko das Währungsrisiko hinzu.

Liquiditätsrisiko

Mit genügend Liquidität im Markt, d. h. es werden von den entsprechenden Anlageinstrumenten genügend Stücke umgesetzt, hat der Anleger die Möglichkeit, jederzeit zu marktgerechten Preisen zu verkaufen. Dann beispielsweise, wenn ein Anleger seine Wertpapiere verkaufen kann, ohne dass schon ein durchschnittlich großer Verkaufsauftrag zu spürbaren Kursschwankungen führt und nur auf deutlich niedrigem Kursniveau abgewickelt werden kann, ist das Liquiditätsrisiko minimal.

Psychologisches Marktrisiko

Für einen spürbaren Kursrückgang (aber auch -sprung) können Meinungen, Stimmungen und Gerüchte sorgen. Meist muss sich die wirtschaftliche Situation dabei nicht nachhaltig verändert haben.

Risiko bei Kauf auf Kredit

Wertpapiere sollten niemals auf Kredit gekauft werden! Schon gar nicht spekulative Engagements. Dann kommt man auch nicht in die Lage, im Börsentief mit möglicherweise hohen Verlusten verkaufen zu müssen.

Steuerrisiko

Wer seine Anlagen auf Rendite und Substanzerhalt ausgerichtet hat, sollte besonders darauf achten, wie viel nach Abzug der Steuern übrig bleibt. Beachte besonders die steuerliche Behandlung der Spekulationsfrist und die Doppelbesteuerungsabkommen bei Auslandsanleihen.

Auch Änderungen im Steuerrecht eines Landes, die die Einkommssituation der Anleger und die der Unternehmen betreffen, können positive oder negative Auswirkungen auf die Kurse der Wertpapiere haben.

Einfluss der Nebenkosten auf die Gewinnchance

Von jedem Gewinn werden zuerst die Kosten (Mindestprovision oder feste Provision pro Transaktion) abgezogen. Also kann es eine Weile dauern, bis sich der erwartete Betrag tatsächlich einstellt. Und umgekehrt werden die Kosten auch jedem Verlust angerechnet, erhöhen ihn also.

Verlustrisiko

Aktien bergen immer ein Verlustrisiko, selbst die konservativsten und sichersten Werte. Beispielsweise fielen manche DAX-Werte, also die 30 größten deutschen Aktien überhaupt, Ende 1998 in wenigen Monaten um deutlich über 50 Prozent. Der DAX selbst verlor an der Spitze fast 40 Prozent. Wer sein Geld dringend brauchte, musste möglicherweise zum schlechtesten Kurs aussteigen – statt eines neuen Mercedes‘ konnte es nur noch ein alter Golf sein. Auch die Entwicklung Mitte 2000 hatte vielen Aktionären deutliche Verluste beschert, die vorher zum Teil in rosigen Farben geschilderten Anlagen in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.

Letztendlich führen viele Wege zu einer guten Depotperformance, aber man muss sich selbst klar machen, wie viel Engagement und Risikobereitschaft man geben will, das heißt, was für ein Anlegertyp man ist. Der Typ „Sparbuchanleger“, der keinesfalls Verluste machen will und sich lieber mit 2 Prozent Zinsen begnügt, hat an der Börse nichts verloren.

Nachfolgend habe ich die Börsen-Anlegertypen analysiert:

1.) Der Trader:

Anlagedauer und Strategie: Der Trader muss mindestens täglich die Kurse beobachten und sehr kurzfristig (also wenige Stunden oder Tage) orientiert anlegen, um in kurzer Zeit Gewinne sofort mitzunehmen und durch eine möglichst hohe Trefferquote eine gute Performance zu erzielen.

Wichtig ist dabei vor allem, dass man Verluste nicht versucht auszusitzen, sondern konsequent mit Stopps arbeitet, also bei kleinen Verlusten schnell verkauft, sonst ist das Kapital möglicherweise zu lang gebunden.

Fazit: Diese Taktik empfiehlt sich nur für sehr erfahrene Anleger, die einen guten Instinkt für die Marktlage haben und über gute Nerven verfügen, daneben ist der Zeitaufwand sehr hoch. Für den normalen Anleger ist Traden zu aufwendig und riskant.

2.) Der Spekulant:

Anlagedauer und Strategie: Auch er beobachtet den Markt sehr genau, kann aber aufgrund einer etwas längerfristigeren Anlegedauer von meist mehreren Wochen schon einmal ein paar Tage bei der Beobachtung aussetzen.

Meistens spekuliert er auf kurzfristige Anstiege von „heißen“ Werten, die er aber nicht vor einem kräftigen Anstieg verkaufen will. Dennoch muss auch er mit Stopps arbeiten, vor allem um sich vor größeren Verlusten zu schützen.

Fazit: Auch für diese Taktik sollte man etwas Erfahrung haben, sonst wird sehr schnell teures Lehrgeld fällig. Außerdem sollten man immer den Marktüberblick behalten, weil Verluste in manchen Fällen Nachkaufgelegenheiten darstellen könnten, während in anderen der schnelle Ausstieg ratsam ist. Das ist aber nicht immer so leicht zu sehen. Auch Nicht-Profis können spekulieren, jedoch mit hohem Zeitaufwand und Risiko.

3.) Der spekulativ orientierte Anleger

Anlagedauer und Strategie: Er setzt zwar auf spekulative Werte, aber nicht unbedingt zum kurzfristigen Erzielen von Gewinnen, sondern für eine mittelfristig gute Performance, das heißt, er nimmt nicht so schnell Gewinne mit und muss sich deshalb auch nicht ganz so oft mit der Börse beschäftigt sein.

Hierfür ist vor allem eine gute Auswahl an Werten wichtig, man sollte nur solche Werte länger halten, von denen man wirklich überzeugt ist, weil man durch intensive Recherchen einen starken Anstieg auf mittlere Sicht (mehrere Monate) für gerechtfertigt hält und sich nicht durch Schwankungen oder unbedeutende News zu kurzfristigem Aus- oder Einstieg bewegen lässt.

Fazit: Hier ist vor allem das Halten über die „Steuerfrist“ (12 Monate) hinaus interessant, damit nicht die bei den beiden anderen Typen oft erheblichen Abzüge des Fiskus die Performance schmälern. (Weiter Steuertipps gibt es in dem Artikel:““). Es wird weniger umstrukturiert und die Notwendigkeit, den Markt regelmäßig zu beobachten, ist geringer. Ein gelegentliches Stopp-Loss-Limit ist ratsam, um Gewinne abzusichern oder dicke Verluste zu vermeiden.

4.) Der langfristig orientierte Anleger:

Anlagedauer und Strategie: Er kauft nur sehr selten und schichtet nur selten um, da er sich nur gelegentlich mit seinem Depot beschäftigen kann oder will. Auch für ihn ist die richtige Werteauswahl sehr wichtig, da er diese für mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte sorglos liegen lassen möchte. Deshalb sollte er ausschließlich auf langfristig orientierte Wachstumswerte setzen. Kurzfristige Gewinne sind dann für ihn kein Grund auszusteigen.

Fazit: Wer sich nicht regelmäßig um seine Geldgeschäfte kümmern kann oder will, sollte Wachstumswerte, von denen er sich vor dem Kauf überzeugt hat, ins Depot legen und sich in einigen Jahren über die steuerfreie Performance freuen.

Welcher Anlegertyp bin ich?

Wer sich selbst nicht auf Anhieb einordnen kann, sollte sich vor allem die Frage stellen: Wie viel Zeit kann ich für die Börse investieren und wie lange möchte ich meine Aktien halten?

Dann findet man sich sehr schnell in einer dieser Kategorien wieder, wobei man natürlich sein Depot auch mit verschiedenen Strategien betreiben kann: Einen Teil als langfristige Altersvorsorge, einen Teil als spekulative Anlagen und „nur zum Spaß“ ein bisschen traden kann zwar prinzipiell nicht schaden, man sollte aber nicht nach Verlusten Reserven auflösen, die für die Altersvorsorge gedacht waren!

Wie sollte eine gute Depotstruktur aussehen?

Anzahl und Gewichtung der Werte:

Ein häufiger Anlegerfehler ist, dass viel zu wenige Werte im Depot liegen. Das heißt natürlich nicht, dass man damit keine Gewinne machen kann, im Gegenteil, wenn die entsprechenden Werte echte Perlen sind, kann das sogar exorbitante Renditen ergeben.

ABER: Das Risiko eines Totalverlustes oder einer sehr starken Einbusse des Gesamtvermögens ist dadurch um ein Vielfaches größer als bei „normaler“ Gewichtung!

So kann bei z. B. nur zwei Depotwerten ein Rückgang um 50 Prozent des einen schon einen Verlust von 25 Prozent des gesamten Vermögens bedeuten. Das kann bei einer entsprechenden Depotgröße sehr schmerzhaft sein. Auch wenn man sagt, „einen solchen Rückschlag kann man ja aussitzen“, kann man doch in Situationen geraten, in denen man schnell eine größere Summe auftreiben muss, z. B. bei einem Autounfall oder anderen privaten Verpflichtungen.

Noch riskanter wird eine derartige Depotstruktur bei Käufen auf Kredit: In diesem Fall kann man schon bei geringeren Rückgängen zur Realisierung von Verlusten gezwungen sein, wenn die Deckungssumme nicht mehr ausreicht. Ein Aussitzen ist dann ganz ausgeschlossen. Darum sollte man nie auf Kredit Aktien kaufen!

Deshalb immer mindestens 5 – 8 Werte im Depot halten oder entsprechende Mengen Cash, falls man bei einigen Werten ausgestiegen ist. Dabei sollte der Depotanteil eines Wertes nie 20 Prozent übersteigen (schon das ist sehr spekulativ!!!), optimal sind Anteile um 10 Prozent. Andersrum musst du aber auch bedenken das eine zu hohe Streuung stark auf die Renditemöglichkeiten schlägt.

Es gilt:

Je größer das Vermögen, desto kleiner sollten die Depotanteile in Prozent sein oder die Zahl der Werte dementsprechend größer. So ist natürlich bei einem Depotvolumen von 10.000 Euro ein Split in 6 Werte gerade noch möglich, wenn auch manchmal schwierig, bei 100.000 Euro dagegen sind 10 bis 12 verschiedene Werte auch von Gebührenseite her kein Problem.

Besonders riskant ist es, bei noch kleineren Depotvolumen (z. B. unter 5.000 Euro) große Anteile in einen Wert zu stecken, auch wenn die Gebühren hier natürlich besonders stark zu Buche schlagen. Doch über die meisten Banken ist die Minimumprovision so gering (unter 20 Euro bzw. 0,3 Prozent – mehr sollte man nicht zahlen), dass man lieber dabei etwas höhere Gebührenanteile in Kauf nimmt, als alles auf eine Karte zu setzen.

In diesen Fällen sollte man lieber so viele 1.000 Euro-Pakete kaufen, wie möglich, wobei man unter 2.500 Euro Anlagevermögen nicht direkt in Einzelaktien geht. Das ist zu riskant. Für diese Anleger gibt es immerhin die Möglichkeit der Aktienfonds, die die Risiken durch breitere Streuung reduzieren.

Der andere Fehler kann aber auch sein, dass man viel zu viele Einzelwerte aufnimmt. Es ist nicht sinnvoll, in jeden „heißen Tipp“ eines Freundes oder des Anlageberaters gleich ein paar Euro zu stecken, da man so sehr schnell den Überblick über das Depot verliert. Besonders gefährlich ist dabei, dass man im Fall von Verlusten resigniert und den Wert einfach nur „rumliegen“ lässt in der Hoffnung, dass die Aktie irgendwann wieder steigt. In dieser Zeit entgehen andernorts Gewinne.

Gelegentlich sollte man deshalb jeden einzelnen Wert im Depot auf seine Aussichten überprüfen und entscheiden, ob man ihn eventuell verkauft. Es ist besser, in weniger Aktien, von deren Erfolg man überzeugt ist, jeweils mehr Kapital zu investieren, als sich mit zahllosen einigermaßen aussichtsreichen Titeln zu verzetteln. Im Zweifelsfall lieber einmal mehr als einmal weniger verkaufen.

Depotstruktur-Fazit:

Je mehr Werte, desto geringer das Risiko – je größer das Gesamtvolumen des Depots, desto mehr Werte aufnehmen. Wobei man für „normale“ Vermögen bis 100.000 Euro auch nicht mehr als etwa 15 Werte aufnehmen würde, da sonst erstens der Überblick verloren geht und zweitens die Renditechancen stark sinken.

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