Konjunkturindikatoren: Welche Bedeutung haben sie und wie interpretiere ich sie richtig?

Auf einen Aufschwung folgt ein Abschwung, nach dem wieder Aufschwung folgt, so sieht es zumindest die Theorie über den Konjunkturverlauf. Um den wirtschaftlichen Ablauf genauer zu analysieren und Prognosen über das Fortschreiten der verschiedenen Phasen aufstellen zu können, bedient man sich der Konjunkturindikatoren. Mit ihrer Hilfe will man prognostizieren, wie lange beispielsweise ein Aufschwung andauert, wann dessen Höhepunkt erreicht ist und wie lange sich die Konjunktur danach nach unten bewegt.

Konjunkturindikatoren sind somit wichtige Instrumente bei der Beschreibung, Analyse und Prognose von Konjunkturverläufen.

Voraussetzungen:

Konjunkturindikatoren müssen Größen sein, deren statistische Zeitreihe in ihrem Verlauf die mehrjährigen, mit gewisser Regelmäßigkeit wiederkehrenden Schwankungen der wirtschaftlichen Aktivitäten einer Volkswirtschaft gut widerspiegeln. Voraussetzung dafür ist aber, dass störende Einflüsse, wie Trend- und Saisonkomponenten, eliminiert werden. Indikatoren unterscheidet man nach ihrem zeitlichen Verhalten im Konjunkturablauf zwischen Früh-, Präsens- und Spätindikatoren (voraus-, gleich- und nachlaufende Indikatoren).

Frühindikatoren:

Zuerst bilden sich Geschäftsleute eine Meinung. Das ist die allgemeine Stimmung. Erst danach kommt es zu Bestellungen und Umsätzen. Aber weil sich Stimmungen leicht beeinflussen lassen (z. B. durch Krisen, Gerüchte oder wirtschaftliche Studien) ist die Umsetzung der Stimmung stets ungewiss. Deshalb ist die Vorlaufzeit (Zeitdauer bis zur Umsetzung der aktuellen Stimmung) nicht immer verlässlich.

Was sind wichtige Frühindikatoren?

Ein wichtiger Frühindikator ist der Aktienindex. Die Konjunkturentwicklung beeinflusst die fundamentalen Unternehmensdaten wie z. B. Gewinn- und Umsatzentwicklung, Unternehmenswert, etc. Deshalb wird der Börsenkurs als ein konjunktureller Frühindikator herangezogen.

Oft werden die Kurse aber von nicht-konjunkturellen Ereignissen wie Gerüchten oder Verlautbarungen beeinflusst. Der Aktienindex hat eine Vorlaufzeit von zwei bis drei Quartalen. Das heißt, wenn ein Index sich zum Beispiel in einer Baissephase bewegt und möglicherweise einen Boden gefunden hat, ist mit dem tatsächlichen konjunkturellen Aufschwung erst in den nächsten 2 bis 3 Quartalen zu rechnen.

Der Auftragseingangsindex des Verarbeitenden Gewerbes ist auch ein wichtiger Frühindikator. Er bezieht sich auf die Wirtschaftsbereiche des verarbeitenden Gewerbes, die auf Bestellung produzieren, wie etwa Zulieferer von Maschinen oder Autoherstellern. Die Daten dazu bekommt man vom Statistisches Bundesamt. Beim Auftragseingangsindex des Verarbeitenden Gewerbes schwankt die Vorlaufzeit bis zu drei Quartalen.

Beispiel: Das Auftragsvolumen der Industrie im Juni/ Juli sank um 2 %. Im Zweimonatsvergleich Juni/Juli gegenüber April/ Mai – sanken die Bestellungen um 1 %. Das bedeutet, dass der Auftragseingang im deutschen Verarbeitenden Gewerbe im Juli schwächer ausgefallen ist. Analysten gehen in diesem Beispiel davon aus, dass vor dem vierten Quartal nicht mit einer konjunkturellen Trendwende zu rechnen ist. Teilweise rechnen die Experten sogar erst für nächsten Jahres mit einer Erholung.

Das Ifo-Geschäftsklima der gewerblichen Wirtschaft ist ein weiterer Frühindikator. Jeden Monat werden über 7.000 Unternehmen in West- und Ostdeutschland nach ihrer Einschätzung der Geschäftslage (gut/ befriedigend/ schlecht) sowie nach ihren Erwartungen für die nächsten sechs Monate (besser/ gleich/ schlechter) befragt. Das Geschäftsklima wird dann aus den Salden für die aktuelle und deren erwartete Änderung berechnet. Der Vorlauf des erfahrungsgemäß zuverlässigen Konjunkturindikators schwankt zwischen ein und drei Quartalen. Die Berechnung findet man hier.

Beispiel: Der seit Oktober stetig gefallene Geschäftsklima-Index stieg im Juli diese Jahres erstmals um 0,3 auf 84,9 Punkte. Zwar wird dieser Anstieg noch nicht als Trendwende, zumindest aber als Hoffnungsschimmer bewertet.

US-Frühindikatoren/ Präsens- und Spätindikatoren

In den USA zählt der Einkaufsmanager-Index NAPM (National Association of Purchasing Managers) zu den zuverlässigsten Signalgebern für den künftigen Verlauf der Konjunktur. Der Indikator zeigt die Geschäftserwartungen der Industrie auf einer einfachen Zahlenskala. Werte über 50 deuten auf eine Ausweitung, Werte darunter auf eine Abschwächung der Geschäftstätigkeit hin. Unterschieden wird dabei in den:

  • NAPM-Index für das Verarbeitende Gewerbe: Im August war dieser beispielsweise auf 47,9 nach 43,6 im Juli gestiegen. Der Anstieg des Index war gleichzeitig der höchste seit fünf Jahren. Den niedrigsten Stand erreichte er im Januar mit 41,2 Punkten. Wegen der leichten Aufwärtsbewegung in den Folgemonaten hatten Experten auf eine Trendwende spekuliert.
  • NAPM-Index für das Nicht-Verarbeitende Gewerbe

Präsens-, bzw. gleichlaufende Indikatoren:

Dazu gehört u. a. der Grad der Kapazitätsauslastung, die industrielle Nettoproduktion, Einzelhandels- und Außenhandelsumsatz. Der Vergleich mit den Daten des Vormonats, Vorquartals oder Vorjahres, geben die aktuelle Konjunkturentwicklung wieder.

Spät-, bzw. nachlaufende Indikatoren:

Dazu zählen beispielsweise die Zahl der Beschäftigten, Zahl der Arbeitslosen, Zahl der Konkurse und Zahl der offenen Stellen.

Beispiel: Beschäftigtenentwicklung: Dabei handelt es sich um einen nachlaufenden Indikator, der nur bestätigt, dass eine konjunkturelle Aufwärts- oder Abwärtsentwicklung ihr Ende gefunden hat.

Fazit:

  • Frühindikatoren: Die beschriebenen Frühindikatoren konnten in der Vergangenheit durchaus überzeugen, wobei aber beachtet werden muss, dass sich Stimmungen jederzeit ändern bzw. verzögern können. Es sollte daher die Entwicklung eines Frühindikators über einen längeren Zeitraum beobachtet werden. Erst mehrere, aufeinanderfolgende positive oder negative Signale lassen einen eindeutigen Trend erkennen. Zwar wird dabei auf einen Teil der vorauslaufenden Wirkung verzichtet, man ist aber unempfindlicher gegenüber Stimmungsschwankungen.
  • Präsens- und Spätindikatoren: Sie sind wichtige Instrumente in der Wirtschaftspolitik. Präsens- und Spätindikatoren eignen sich, um Konjunkturverläufe zu beschreiben bzw. zu bestätigen. Zur Konjunkturprognose sollte man sie nicht heranziehen.
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