Gute Optionsscheine: Was beeinflusst die Bewertung eines Optionsscheins?

Die Bewertung eines Optionsscheins hängt von verschiedenen Faktoren ab. Damit du gute Optionsscheine ausmachen kannst, musst du wissen, was die Bewertung von Optionsscheinen beeinflusst. Diese Einflussfaktoren werde ich dir in diesem Artikel etwas näher erläutern.

Innerer Wert

Die Erwartungen bezüglich der künftigen Kursentwicklung des Basiswertes:

Der Preis eines Optionsscheines lässt sich in zwei Komponenten zerlegen: den inneren Wert und den Zeitwert.

Der innere Wert ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Basispreis der Option und dem aktuellen Kurs des Basiswertes. Der innere Wert ist somit als Mittelzufluss zu verstehen, den der Inhaber aus der sofortigen Ausübung der Option erzielen würde. Dabei ist das Bezugsverhältnis als Faktor zu berücksichtigen.

Hat ein Optionsschein einen inneren Wert (d. h. beim Call liegt der aktuelle Kurs über dem Ausübungspreis, beim Put darunter), ist der Optionsschein („in the money„). Ansonsten kann er am Geld („at the money„) oder aus dem Geld („out of the money„) sein.

Aufgeld

Die Erwartungen bezüglich der zukünftigen Entwicklung des Basiswertes können zu einem Aufgeld führen. Dieses gibt in % an, um wie viel teurer der Erwerb von Optionsscheinen und seine sofortige Ausübung gegenüber einem direkten Geschäft im Basiswert wäre.

Das Aufgeld kann auch als Aufgeld pro Jahr angegeben werden. Ein Optionsschein hat nur dann ein Aufgeld, wenn der Kurs des Optionsscheins über dessen inneren Wert liegt. Die Differenz bezeichnet man als Zeitwert. Besitzt der Optionsschein keinen inneren Wert, ergibt sich der Optionsscheinkurs ausschließlich aus dem Zeitwert. Der Zeitwert ist somit ein „Spekulations- oder Unsicherheitsaufschlag“ bezüglich der zukünftigen Entwicklung des Kurses des Basiswertes bis zur Fälligkeit des Optionsscheins. Je geringer die Restlaufzeit und je geringer die Volatilität, d. h. die Schwankungsbreite, des Basiswertes, desto niedriger wird der Zeitwert in der Regel ausfallen. Dieser Zeitwertverfall wird auch als Theta für einen bestimmten Zeitraum erfasst.

Hebel

Optionsscheine können einen unterschiedlichen Hebel haben. Die Größe des Hebels bietet einen Anhaltspunkt dafür, in welchem Maße ein Optionsschein an einer Kursveränderung eines Basiswertes partizipiert. Maßgeblichen Einfluss darauf hat der Basispreis in Relation zum Kurs des Basiswertes.

Bewegt sich ein Optionsschein „aus dem Geld„, verliert der Hebel seine Wirkung. Die Möglichkeit einer Ausübung und damit der Bezug zum Basiswert nimmt immer mehr ab. Dies lässt sich mittels der Preissensitivität messen.

Analysekennzahlen

Analysekennzahlen bezüglich der Einflussfaktoren (Sensitivitäten):

Zur Anlageentscheidung können auch folgende mathematisch erstellten Bewertungen hilfreich sein:

Beispiel zu Verdeutlichung der Optionsschein Bewertung:

Im Zahlenbeispiel wird der Zusammenhang zwischen den einzelnen oben vorgestellten Ausstattungsmerkmalen und Bewertungskriterien transparent.

Hinweis: Bei diesem Beispiel sind anfallende Transaktionskosten nicht berücksichtigt. Diese richten sich u. a. nach den jeweils gültigen Konditionen.

Ein Call-Optionsschein hat folgende Ausstattung:

  • Aktueller Kurs des Optionsscheins: 80 Euro
  • Aktueller Kurs der Aktie (Basiswert): 400 Euro
  • Basispreis: 350 Euro
  • Optionsverhältnis: 1 Aktie pro 2 Optionsscheine (1 : 2 = 0,5)
  • Restlaufzeit: 2 Jahre
Innerer
Wert:
= (aktueller Aktienkurs – Basispreis) x Optionsverhältnis

= (400 Euro – 350 Euro) x 0,5

= 25 Euro

Zeitwert:= Kurs des Optionsscheins – innerer Wert

= 80 Euro – 25 Euro

= 55 Euro

Aufgeld:= ((Optionsscheinkurs/Bezugsverhältnis + Bezugspreis) –
Aktienkurs)/Aktienkurs x 100= (80 Euro/0,5 + 350 Euro) – 400 Euro)/400 x 100= 27,5%
Jährliches
Aufgeld:
= Aufgeld / Restlaufzeit in Jahren

= 27,5 % : 2

= 13,75 %

Hebel:= (Aktueller Aktienkurs x Optionsverhältnis)/Optionsscheinkurs

= (400 Euro x 0,5)/80

= 2,5

Ein Hebel von 2,5 besagt, dass der Optionsschein eine 2,5-prozentige Wertsteigerung erfährt, wenn der Aktienkurs um 1 Prozent steigt. Unterstellt wird dabei eine „idealtypische“ Preissensivität von 1; der Hebel gibt also immer nur die maximale Partizipationschance an. Das heißt, in der Regel wird die Wertsteigerung des Optionsscheins geringer sein, als der Hebel anzeigt.

Break-even-
Punkt:
= (Basispreis + (Kaufpreis des Optionsscheines / Bezugsverhältnis).

= 350 Euro + (80 Euro/0,5)

= 510 Euro

Der Käufer des Optionscheins kann mit der Ausübung des Optionsrechts nur dann einen Gewinn erzielen, wenn der Kurs der Aktie auf über 510 Euro (zuzüglich anteiliger Transaktionskosten) steigt. Bei Verkauf des Optionsscheins hingegen gerätst du dann in die Gewinnzone, wenn der Kurs des Optionsscheins 80 Euro zzgl. sämtlicher Transaktionskosten übersteigt.

Innerer Wert, Zeitwert und Aufgeld (ebenso das jährliche Aufgeld) ändern sich in der Regel täglich. Am Ende der Laufzeit des Optionsscheins besteht sein Kurs noch aus seinem inneren Wert. Der Zeitwert reduziert sich bis zu diesem Zeitpunkt – unter möglicherweise starken Schwankungen – auf Null.

So findest du den richtigen Optionsschein

Um sich bei der Auswahl des richtigen Optionsscheins unliebsame Überraschungen zu ersparen, solltest du die bisher vorgestellten Kennzahlen und Begriffe verstanden haben. Denn neben den Kennzahlen kommen in der Praxis weitere wichtige Aspekte wie die Wahl des richtigen Emittenten oder auch die verschiedenen Handelsmöglichkeiten hinzu.

Das gilt es am Anfang zu klären

Bevor du dich nun auf die Suche nach dem richtigen Optionsschein begibst, solltest du deine Markterwartungen eindeutig definieren. Wichtig ist dabei, dass du nicht nur das mögliche Gewinnpotential abschätzt, sondern auch deinen maximalen Verlust definierst, den du bereit bist in Kauf zu nehmen.

Dann gilt es eine Liste der in Frage kommenden Optionsscheine aufzustellen. Hier bietet beispielsweise das Internetportal Onvista umfangreiche Filterfunktionen an, die die Suche deutlich erleichtern.

Wichtiges Entscheidungskriterium ist die Hebelwirkung

Als erstes empfiehlt sich der Blick auf das Omega (tatsächliche Hebelwirkung), um die mögliche Chance bzw. das Risiko abschätzen zu können. Wenn du beispielsweise mit einem 5 % Kursanstieg bei dem Basiswert rechnest und ein Omega von 7 vorliegen hast, so wird der Call in etwa 5 % x 7 = 35 % Gewinn verzeichnen.

Wichtig: Vergiss nicht, dass die Hebelwirkung auch gegen dich laufen kann. Denn ein Kursrückgang von 3 % würde in diesem Beispiel zu einem Verlust von 21 % beim Optionsschein führen!

Welchen Optionsschein soll ich wählen?

Nachdem du dir einige Optionsscheine mit geeignetem Omega herausgesucht hast, solltest du diese nach dem Aufgeld sortieren. Bevorzuge grundsätzlich die Scheine mit möglichst niedrigem Aufgeld, da diese meistens auch ein kleineres Theta haben und einen geringeren Wertverlust bei einem Volatilitätsrückgang verzeichnen.

Hier bietet auch der Basispreis einen Anhaltspunkt. Denn umso weiter der Optionsschein aus dem Geld ist, umso mehr Aufgeld wirst du in der Regel dafür zahlen müssen. Auch wenn du etwas mehr Geld binden musst, lohnt es sich meistens einen Optionsschein zu nehmen der im Geld ist, da hier der Zeitwertverlust deutlich geringer ist.

Lass dich durch unterschiedliche Basispreise nicht verwirren, sondern vergleiche die dynamischen Kennzahlen (Delta, Omega, Theta) untereinander.

In Bezug auf die Laufzeit empfiehlt es sich, diese mindestens 3 Wochen länger zu wählen, als man den Optionsschein halten will, da der Zeitwertverlust in den letzten 3 Wochen am höchsten ist und der Börsenhandel teilweise früher endet.

Schließlich betrachtet man die implizite Volatilität des Optionsscheins. Bei mehreren vergleichbaren Scheinen sollte man grundsätzlich den mit der niedrigsten impliziten Volatilität wählen. Denn vor allem nach einer volatilen Börsenphasen sorgt ein Volatilitäts-Rückgang für einen stark fallenden Optionsscheinkurs. Fast jeder Optionsscheinanleger hat dieses „Erlebnis“ schon am eigenen Leib erfahren.

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