Europäisches Währungssystem II

Nicht alle EU-Länder konnten oder wollten der Wirtschafts- und Währungsunion schon 1999 beitreten. Bei einigen dieser Länder wird aber ein Beitritt vielleicht schon bald möglich sein, bei anderen ist nicht abzusehen, wann sie einen Aufnahmeantrag stellen. Da stabile Wechselkurse aber eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren des Binnenmarktes und die Zusammenarbeit bei Forschung und Entwicklung, für die Gemeinsame Agrarpolitik, für wechselseitige Investitionen und einen möglichst ungehinderten Austausch von Kapital sind, muss versucht werden, die Währungsrelationen dennoch so stabil wie möglich zu gestalten. Das soll durch das Europäisches Währungssystem oder ein EWS II geschehen, durch das die „Ins“ und „Outs“ währungspolitisch so eng wie möglich zusammengehalten werden. Bei ihrem Treffen in Verona im April 1996 haben die Finanzminister und Notenbankchefs der EU-Länder die Grundzüge eines EWS II beschlossen, das diese Aufgabe erfüllen und einige Schwächen des bisherigen EWS vermeiden soll.

Dabei geht es vor allem um vier Punkte:

  • Leitwährung wird der Euro sein. Die Währungen der Außenseiter sollen in einem festen Wechselkurs zu ihm stehen. Ihr Kurs darf nur innerhalb festgelegter Bandbreiten schwanken. Die Kursrelationen der „Outs“ können aber verändert werden, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse dies erzwingen. Dies wird vor allem dann der Fall sein, wenn die jeweilige Währung einem starken Kaufkraftschwund unterliegt und wenn daraufhin eine Abwertungsspekulation einsetzt, die es für die EZB und die jeweilige nationale Zentralbank schwer oder unmöglich macht, den festgelegten Kurs zu verteidigen.
  • Bei der Aufrechterhaltung der festgelegten Kurse soll es eine „asymmetrische Zuständigkeit“ geben. Das bedeutet, dass in erster Linie die Zentralbank des betroffenen EU-Landes zu Interventionen am Devisenmarkt verpflichtet ist. Sie muss dafür sorgen, dass der Wechselkurs ihrer Währung innerhalb der vereinbarten Bandbreiten bleibt. Die Europäische Zentralbank greift nur dann ein, wenn dies ohne Schaden für die Geldwertstabilität innerhalb der Währungsunion geschehen kann. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Länder der EWU nicht für den ökonomischen Schlendrian in einem außenstehenden EU-Land aufkommen müssen. Da dieses allein aber kaum in der Lage ist, fundamentale Ungleichgewichte durch Interventionen am Devisenmarkt dauerhaft auszugleichen, muss die Wechselkursstabilität über eine solide Geld- und Finanzpolitik erreicht werden. Dieser Zwang zur wirtschaftlichen Stabilität ist durchaus gewollt. Er soll dazu beitragen, die Außenseiter so schnell wie möglich für einen Eintritt in die Währungsunion fit zu machen.
  • Änderungen der Leitkurse (Paritätsveränderungen) sind aus dem gleichen Grund nicht mehr wie bisher Angelegenheit der einzelnen Länder. Das Initiativrecht liegt statt dessen bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Die letzte Entscheidung über eine Anpassung der Kurse bleibt dem Rat der Wirtschafts- und Finanzminister vorbehalten. Dadurch soll verhindert werden, dass sich einzelne Länder durch fundamental nicht gerechtfertigte Abwertungen ihrer Währung gegenüber dem Euro einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen EU-Staaten verschaffen. So soll verhindert werden, dass es in wirtschaftlich schwierigen Situationen zu einem „Abwertungswettlauf“ kommt.
  • Wie bisher soll es für die verschiedenen Währungen unterschiedliche Bandbreiten geben. Je weiter das jeweilige EU-Land vom Stabilitätsziel entfernt ist, um so größer wird die Bandbreite sein, innerhalb der seine Währung um den Euro-Leitkurs schwanken darf.

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