Mit verschiedenen Kennzahlen versuchen Analysten zu bewerten, ob eine Aktie kaufenswert ist oder nicht. Entscheidend dabei sind jetzige und zukünftige Gewinne. Die Methoden zur Gewinnschätzung muss der Kleinanleger in der Regel Experten überlassen, weil sie sehr zeitaufwendig sind.
Inhaltsverzeichnis
1. KGV und Anwendung
Mit den Gewinnschätzungen kann man berechnen, wieviel eine Aktie kostet. Dazu teilt man den Kurs der Aktie durch den Gewinn des Unternehmens, der auf die einzelne Aktie entfällt und erhält das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) . Faustregel: Je höher das KGV desto teurer die Aktie, je niedriger desto billiger. Verwendet wird dabei das KGV des kommenden Jahres, nur zu Jahresbeginn meist noch das KGV des laufenden Jahres, weil an der Börse die Zukunft gehandelt wird.
Allerdings ist nicht immer ein niedriges KGV automatisch ein Kaufgrund oder ein hohes ein Grund zu verkaufen. Eine große Rolle spielt bei Wachstumsfirmen nämlich die Gewinn-Entwicklung. Steigen die Gewinne von Jahr zu Jahr deutlich an, so gestehen die Anleger einer Aktie ein höheres KGV zu. Stagnieren die Gewinne oder fallen sie gar, so ist das KGV oftmals sehr niedrig.
2. Andere Einflüsse
- Marktstellung: Marktführern wie z. B. Microsoft oder SAP gestanden die Anleger schon immer höhere Bewertungen zu, weil sie sehr gute Gewinnsteigerungs-Chancen haben. Bei kleinen Firmen ist man skeptischer. Dieses Risiko wird mit einem gewissen Abschlag berücksichtigt.
- Branche: Die Branche spielt ebenfalls eine Rolle. Unternehmen aus zukunftsreichen Branchen werden höher bewertet, als andere. Beispielsweise sind Internet- oder Softwareaktien im Mai 1999 im Gegensatz zu Bauaktien sehr gefragt gewesen und hatten folglich bessere Unternehmens-Aussichten und KGVs.
- Zinsen: Die Zinsen sind bei der Bewertung des gesamten Marktes sehr wichtig: Faustregel: Das DAX-KGV sollte nicht über dem Renten-KGV (= 100 geteilt durch Durchschnittliche Umlaufrendite) liegen. Grund: Die Anlage in Rentenpapiere ist bei höheren Zinsen attraktiver. Folglich wird mehr Geld aus Aktien in Renten gesteckt, die Kurse fallen, die Bewertung der Aktien sinkt. Zugleich wird die Geldbeschaffung für Unternehmen teurer, falls sie neue Kredite aufnehmen wollen. Das schmälert dann wiederum die Gewinne und ist deshalb schlecht für die Börse.
- Bewertung im Vergleich: Beim Aktienkauf muss man innerhalb einer Branche vergleichen. Bei den DAX-Werten zum Beispiel sind die Unterschiede nicht extrem, da sich sehr viele Analysten, Profis und Privatanleger mit den DAX-Werten befassen und so Unterbewertungen schnell erkannt werden. Bei kleineren Unternehmen kann es sehr wohl vorkommen, dass zwei ähnliche Aktien völlig verschieden bewertet sind, hier lohnt sich der Vergleich fast immer.
ABER: Das günstigste Unternehmen kann einen „Haken“ haben, wenn seine Bewertung durch schlechtere Produkte oder eine schlechte Marktposition zustande kommt.
3. Price Earnings to Growth (PEG) Verhältnis
Wichtig ist nicht nur das KGV, sondern auch der Vergleich mit dem Wachstum. Bei Wachstumsfirmen gibt es die grobe Regel, dass das KGV (= Price Earnings) nicht höher als das langfristige Gewinnwachstum (= Growth) in Prozent sein sollte.
Beispiel: Schafft es ein Unternehmen, seine Gewinne jedes Jahr um 30 Prozent zu steigern, wäre ein KGV von 30 gerechtfertigt. Wenn eine Firma ihre Gewinne sogar um 70 Prozent, steigern kann, wäre auch ein KGV von 70 vertretbar.
4. Alternativen zu KGV- und PEG-Grenzen
Diese Regel ist nur begrenzt anwendbar. Beispielsweise wäre eine Gewinnsteigerung um 100.000 Prozent möglich, wenn das Unternehmen im Jahr zuvor nur einen Euro Gewinn gemacht hätte und dies in diesem Jahr auf 1.000 Euro steigern würde. Demnach wäre dieses Unternehmen gemäß der Faustregel aber bei nur 1.000 Euro Gewinn mit einem KGV von 100.000 sage und schreibe 100 Millionen wert. Deshalb muss man ein Unternehmen über mehrere Jahre und mit einem Blick in die Zukunft beobachten.
Noch schwieriger wird es, wenn das Unternehmen momentan aufgrund von Investitionen oder Anlaufkosten noch sehr geringe oder gar keine Gewinne erzielt oder sogar Verluste schreibt. Dann kann kein KGV berechnet werden. Hier kann eine weitere Alternative helfen: Nach der sogenannten Discounted Cash-Flow-Methode (nur für Profis anwendbar) wird aus den addierten geschätzten Gewinnen der nächsten zehn Jahre ein fairer Kurs errechnet. Das führt aber zu einem ungenauen Bewertungresultat.
Eine andere Möglichkeit ist der Vergleich des Umsatzes mit dem Börsenwert. Eine Methode, die bei vielen Internetfirmen angewandt wird, die momentan Verluste schreiben. Der Börsenwert des Unternehmens wird dabei durch den erzielten Umsatz geteilt, es ergibt sich das Kurs-Umsatz-Verhältnis, das mit anderen Unternehmen der gleichen Branche verglichen werden kann. Auch diese Ansätze sind nur bedingt möglich, da man die Gewinnzone der Firmen nicht hundertprozentig voraussagen kann.
Fazit:
Für Anfänger ist die perfekte Aktienwahl nicht ganz einfach. Die Kombination von Charttechnik und KGV ergibt aber zumindest einige grobe Anhaltspunkte. Mit der Zeit arbeitet man routinierter mit den verschiedenen Methoden und lernt sie geschickt zu kombinieren. Dann liegt die Erfolgsquote allemal höher, als wenn man „blind draufloskaufen“ würde.