Initial Public Offering: Alles über die Aktienemission! – Wie, weshalb, warum?

Von der Entscheidung eines Unternehmen an die Börse zu gehen bis zur Ermittlung des ersten Börsenkurses vergehen mindestens 3 Monate. Es muss ein Emissionsberater gefunden, ein Konzept entwickelt und der Ablauf genau geplant und durchgeführt werden, aber wie funktioniert das eigentlich?

Welche Gründe haben Unternehmen an die Börse zu gehen?

Der Ausbau und die Sicherung einer Wettbewerbsposition erfordert von Unternehmen immer größere Investitionen in Märkte, Produkte, Technologie und Personal, wobei die Wachstumszyklen der Unternehmen immer kürzer und zum strategischen Erfolgsfaktor werden. Viele junge, innovative Unternehmen verfügen über erhebliches Wachstumspotential, aber nur über begrenzte Möglichkeiten der Finanzierung dieses Potentials. Neben dem privaten Beteiligungskapital kommt nur eine Börseneinführung zur Erhöhung der Eigenkapitalbasis in Betracht, um die Finanzierung des Wachstums zu gewährleisten. Weiterhin wirkt sich ein Börsengang positiv auf den Bekanntheitsgrad des Unternehmens und seine Produkte aus, die Publizitätsvorschriften der Deutschen Börse AG, die mit der Börsennotierung wirksam werden, fördern das Image in der Finanzwelt und gegenüber den vorhandenen und potentiellen Kunden.

2. Welche Rolle spielen eigentlich die Banken bei einer Neuemission?

Natürlich haben bei einer Neuemission auch die Banken ihre Finger im Spiel. Was genau die Banken machen, erfährst du in den nachfolgenden Abschnitten.

Das Emissionskonsortium

Die Banken formieren sich zu einem Emissionskonsortium unter der Leitung des Konsortialführers. Dieses Konsortium besteht aus mehreren Banken, die der Neuling selbst ausgesucht hat. Um seine Auswahl treffen zu können, veranstaltet er den „beauty contest“. Ein Schaulaufen der Banken zur Präsentation ihrer Qualitäten, ihrer Einschätzungen zum Erfolg des Börsenganges und der zu erwartenden Kosten. Ein wesentliches Entscheidungskriterium ist dabei der Ruf und die Erfolgsbilanz, sowie der Branchenfokus des Kreditinstitutes. Nach Abschluss des „beauty contest“ steht das Emissionskonsortium, der Konsortialführer ist benannt und die heiße Phase beginnt.

Die Börsenreife

Zur Feststellung der Börsenreife des Börsenkandidaten, der Ermittlung seines Kapitalbedarfs, seiner Zukunftsperspektiven und Unternehmensrisiken führt das Konsortium eine umfangreiche Unternehmensanalyse, die „due diligence“ durch. Das Ergebnis der „due diligence“ fließt in den Wertpapierverkaufsprospekt ein, das Börsenzulassungsverfahren bei der Deutschen Börse AG kann eingeleitet werden.

Die Übernahme der neuen Aktien

Bevor die neuen Aktien an das Publikum verkauft werden können, werden sie von den Banken des Konsortiums übernommen. Die gebräuchlichste Form ist die feste Übernahme, hierbei verpflichte sich das Konsortium alle neuen Aktien in ihr Eigentum zu übernehmen. Der Konsortialführer bestimmt dabei maßgeblich, welche Bank wie viele der zu platzierenden Aktien bekommt und später unter ihren Kunden verteilen kann. Schließlich kommt es zur unmittelbaren Vorbereitung der Börseneinführung. Eine Investor-Relations-Agentur wird bestellt, die sich um das Marketing kümmert. Es werden „Roadshows“ durchgeführt, Finanzanalysten von der Qualität des Börsenkandidaten überzeugt und die Werbetrommel kräftig gerührt.

3. Wie wird er Ausgabepreis der neuen Aktien ermittelt?

Natürlich bekommen die neuen Aktien einen bestimmten Ausgabepreis. Wie dieser sich zusammensetzt und wie er gebildet wird, erfährst du in den nachfolgenden Textabschnitten.

Das Bookbuilding

Nach der Übernahme und dem Abschluss des Börsenzulassungsverfahrens erfolgt die eigentliche Platzierung der Aktien. Hierzu wird die Höhe des Emissionspreises mit Hilfe des sogenannten Bookbuildings ermittelt. Unter Bookbuilding versteht man ein System zur Emissionspreisermittlung, bei der das Unternehmen und die Konsortialbanken eine Ober- und Untergrenze, die Bookbuilding-Spanne, für den Emissionspreis vorgeben. Innerhalb dieser müssen die Interessenten entscheiden, zu welchem Preis sie die neuen Aktien kaufen wollen, sie zeichnen die neuen Aktien. Der Konsortialführer nimmt die Aufträge der Anleger entgegen und legt den Emissionspreis anhand des vorliegenden Angebots und der Nachfrage fest. Es gilt: Je höher die Nachfrage desto teurer die Aktie. Werden mehr Aktien gezeichnet als vorhanden, spricht man von Überzeichnung. Für diesen Fall steht dem Konsortium ein zusätzliches Kontingent an Aktien, der Greenshoe, zur Verfügung, der im Fall der Überzeichnung platziert werden darf.

Das Auktionsverfahren

Beim Auktionsverfahren wird der Emissionspreis durch die Anleger bestimmt. Unter Beachtung einer Mindestsumme geben sie ihre Gebote ab, die sie für angemessen halten. Beginnend beim höchsten Gebot, werden die vorhandenen Aktien in fallender Reihenfolge auf das gesamte Ordervolumen verteilt. Das Gebot, welches für die letzten verfügbaren Aktien vorliegt, bestimmt den Emissionspreis. Diese Vorgehensweise ist eine faire und transparente Alternative zum Bookbuilding-Verfahren verlangt von Investor aber erhebliche Sach- und Unternehmenskenntnis. Gegen das Bookbuilding-Verfahren hat es sich noch nicht durchsetzen können.

4. Wie erfolgt die Zuteilung?

Wer bekommt die neuen Aktien, wenn es mehr Nachfrage als Angebot gibt? Genau diese Frage wird in den nachfolgenden Abschnitten kritisch beleuchtet.

Das Problem der Zuteilung

Bei den Anlegern hat sich der Eindruck durchgesetzt, dass eine Zuteilung von Aktien bei einer Neuemission, insbesondere am damaligem Neuen Markt, einer Lizenz zum Gelddrucken gleichkommt.

Die Folge: Alle Neuemissionen sind hoffnungslos überzeichnet, die Nachfrage ist um ein vielfaches höher als das Angebot. Somit bleibt es den Konsortialmitgliedern überlassen, wie sie die wenigen vorhandenen Aktien auf alle vorhandenen Zeichnungen aufteilen. Hierzu haben sie die folgenden Möglichkeiten: Das Losverfahren, die „First Come First Serve“-Regel (nur die schnellsten Zeichner bekommen etwas ab) oder die garantierte prozentuale Zuteilung, bei der bei vorliegender Überzeichnung nur ein winziger Teil der gezeichneten Aktien zugeteilt wird. Unter diesen drei Verfahren hat sich das Losverfahren durchgesetzt.

Da sich die meisten Banken bei der Zuteilung nicht in die Karten schauen lassen wollen, kommt es häufig zur Verärgerung von Kunden. Das veranlasste die Bundesregierung ab dem 1. Juli 2000 die „Grundsätze für die Zuteilung von Aktienemissionen“ einzuführen. Danach müssen die wichtigsten Merkmale der Zuteilung vor und nach der Emission bekanntgegeben werden. Die Zulassungsstellen der deutschen Börsen und das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel werden die Einhaltung der Grundsätze überwachen.

Gibt es keinen rechtlichen Anspruch auf eine Zuteilung?

Es gibt keine Rechtsgrundlage im Sinne eines gleichen Rechts für alle. Spezialgesetzlichen Vorschriften, die die Zuteilung von Aktien regeln – etwa im Börsenrecht oder im Rahmen der Wertpapieraufsicht – existieren nicht. Es bleibt beim Prinzip der Vertragsfreiheit. Folge: Die Unternehmen bestimmen frei, wen sie an ihrem Wert teilhaben lassen.

5. Was ist der Graumarkt und wie funktioniert er?

Auf dem sogenannten Graumarkt oder dem Handel per Erscheinen werden Aktien schon vor der ersten Notierung an der Börse gehandelt. Private Börsenmakler und Wertpapierhandelsunternehmen stellen schon während der Bookbuilding-Phase Kurstaxen: Einen Brief- und Geldkurs, zudem sie die Papiere kaufen oder verkaufen.
Diese Kurstaxen können als Indikator für den zu erwartenden Emissionspreis herangezogen werden, weichen allerdings häufig davon ab. Der Handel auf dem Graumarkt birgt das Risiko, zu teuer zu kaufen, gibt aber immerhin die Möglichkeit, sicher dabei zu sein.

6. Wie und Wo zeichnen?

Die Frage nach den Chancen, einige Stücke von einer Neuemission zugeteilt zu bekommen, lässt sich leicht beantworten. Es ist reine Glückssache! Der Grund: Die großen Konsortialbanken praktizieren bei der Zuteilung einer Neuemission in der Regel das Losverfahren. Bei einer 20fachen Überzeichnung, bekommt also jeder 20ste eine Zuteilung.

Bessere Chancen bestehen bei Börsengängen, die über das Auktionsverfahren durchgeführt werden. Der Grund: Durch die Preisermittlung nach vorliegendem Angebot und Nachfrage ist der Emissionspreis sehr marktnah, der erste Kurs weicht kaum vom Emissionspreis ab und Zeichnungsgewinne sind kaum möglich. Ohne die Aussicht auf einen Zeichnungsgewinn mangelt es wiederum an Kaufinteresse von institutionellen und privaten Anlegern, die auf hohe Zeichnungsgewinne hoffen. Die Konsortialbanken fürchten außerdem um ihren Ruf, die „heißesten“ Neuemissionen durchzuführen, was auch der Grund für die seltene Anwendung des Auktionsverfahrens ist.

Wo sind die Chancen am besten?

Die Zeichnung von Neuemissionen ist bei den verschiedenen Banken und Direktbanken unterschiedlich geregelt. Einige lassen nur Zeichnungen zu, wenn sie im Konsortium vertreten oder Konsortialführer sind, andere wiederum bieten immer die Möglichkeit zu zeichnen. Die Chancen auf eine Zuteilung sind beim Konsortialführer am besten, er verfügt über die meisten Stücke aus der Übernahme, an zweiter Stelle liegen die restlichen Konsortialbanken, diese verfügen zumindest über einen Teil des Emissionsvolumens. Geringe bis gar keine Chancen auf Zuteilung bestehen bei Drittbanken, diese erhalten in der Regel durch vorliegende Überzeichnung im Konsortium überhaupt keine Aktien des Emissionsvolumens. Folge: Zeichnung lohnt nur bei Konsortialbanken!

Lohnt sich eine Überzeichnung?

Einige Anleger sind der Meinung, sie haben eine bessere Zuteilungschance, wenn sie erheblich mehr Aktien zeichnen, als sie eigentlich haben wollen. Diese Annahme ist jedoch ein Trugschluss, die Zuteilung ist in der Regel auf ein Maximum begrenzt. Zeichnet ein Anleger beispielsweise 150 St. und das Maximum liegt bei 100 St., erhält er 100 St., zeichnet er statt 150 St. 2000 St. wird er aber auch nur 100 St. erhalten. Nur im Verfahren der prozentualen Zuteilung verspricht eine Überzeichnung Erfolg. Da die Zuteilungsmodalitäten zur Zeit aber erst nach der erfolgten Zuteilung bekannt gegeben werden, ist auch die Überzeichnung meist ein Schuss ins Blaue. Ein entscheidenden Nachteil der Überzeichnung ist die erhöhte Bindung der Liquidität des Anlegers im Laufe der Bookbuilding-Phase.

Wie zeichnen?

Die Zeichnung entspricht einer normalen Wertpapierorder, sie muss entweder am Schalter der klassischen Filialbank eingereicht oder kann bei Direkt- und Internet-Brokern online aufgegeben werden. Die Eingabemasken der Direkt-Broker verfügen über einen speziellen Zeichnungsbereich. Die Zeichnung muss innerhalb der Zeichnungsfrist aufgegeben werden und bis zum Tag der ersten Notiz gültig sein, während dieser Zeit muss das Konto über ausreichende Liquidität über die volle Zeichnungssumme verfügen. Häufig ist eine Mindestzeichnungsbetrag zu beachten.

Ob eine Zuteilung erfolgt ist, wird ein bis zwei Tage vor dem Emissionstag im Orderbuch des Anlegers bekannt gegeben. Die Gebühren für eine Zeichnung sind in der Regel genauso hoch, wie für eine normale Wertpapierorder und werden nur im Fall einer Zuteilung erhoben. Es gilt: Keine Leistung, keine Kosten!

Auf die Qualität des Unternehmens achten!

Neuemissionen gelten in weiten Anlegerkreisen als sichere Quelle von Gewinnen, dies war in den jungen Jahren des Neuen Marktes auch der Fall. Der Zeichnungsgewinn belief sich bei einigen Aktienneuemissionen bis auf 300 % und man konnte „blind“ zeichnen und dicke Gewinne einfahren. Inzwischen hat sich das Bild jedoch gewandelt, mit der Flut von Neuemissionen wurden die Anleger sensibilisiert und man achtet wieder auf Qualität!

Fazit: Nicht alles und jedes zeichnen, mach dir ein eigenes Bild und zeichne nur Unternehmen von deren Geschäfttätigkeit und Zukunftschancen du überzeugt bist

Zeichnen im Kollektiv?

Dass institutionelle Anleger wie Investmentfonds, Versicherungen und Pensionskassen bessere Karten haben, mit den jungen Aktien bedient zu werden, ist in der Börsenwelt kein Geheimnis. Zum einen halten die Konsortialbanken institutionelle Anleger für die wichtigeren Kunden, da diese langfristig orientiert sind und sehr hohe Investitionen tätigen, zum anderen spielen sie hohe Handelsprovisionen ein.

Folge: Bei hohen Ordervolumen und guten Beziehungen zu den Konsortialbanken sind den institutionellen Investoren Anteile sicher. Fonds sind daher für private Anleger ein sicherer Weg von Neuemissionen zu profitieren. Riesenzeichnungsgewinne von einem Tag auf dem anderen sind jedoch nicht möglich, dazu ist die Streuung der Fonds zu breit, es kommt zur Verwässerung durch andere millionenschweren Aktienpositionen.

7. Zusammenfassung

  • Ein rechtlicher Anspruch auf Zuteilung besteht nicht.
  • Die Zuteilungschancen sind bei der Zeichnung über den Konsortialführer am höchsten, da dieser über die Übernahme der neuen Aktien entscheidet und das größte Stück vom Kuchen auf seinem Teller behält.
  • Es ist und bleibt Glückssache, von einer erfolgreichen Neuemission durch eine Zuteilung zu profitieren, die Überzeichnung bringt in den wenigsten Fällen Vorteile.
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