Optionsschein Auswahl: So erfolgt ein gekonnter Optionsschein Vergleich!

Du hast nun bei deinem Basiswert ein mehr oder weniger klares Kursziel innerhalb einer bestimmten Frist vor Augen. Wie soll man nun bei der Auswahl eines passenden Optionsscheins vorgehen? Im vorliegenden Teil 13 dieser Serie will ich dir die wichtigsten Punkte dieses Verfahrens darstellen.

Auswahl der passenden Laufzeit

Zunächst gilt es, überhaupt eine Auswahl von Scheinen mit passender Laufzeit und passendem Basispreis zu finden. Diese Kriterien grenzen die in Frage kommenden Scheine bereits beträchtlich ein.

Bei beiden Kriterien muss nun ein goldener Mittelweg zwischen dem Risiko des Scheins und der Attraktivität der effektiven Hebelwirkung gewählt werden. Mit folgender Faustregel bei der Wahl der Laufzeit liegst du keinesfalls verkehrt:

Laufzeit bei längerfristigen Engagement (ca. 12 Monate geplant)

 = Kurszielzeitpunkt + etwa 40%

Laufzeit bei geplantem mittelfristigen Engagement (um 6 Monate)

= Kurszielzeitpunkt + etwa 60 %

Laufzeit bei geplantem kurzfristigen Engagement (um 2 Monate)

= Kurszielzeitpunkt + etwa 100 %

Daytrading
(wenige Stunden bis einige Tage) = Laufzeit so kurz wie möglich

In der letztgenannten Kategorie sollte man beachten, dass der Handel eines Scheins an der Börse in der Regel bereits einige Tage vor dem Laufzeitende eingestellt wird und nur noch außerbörslich gehandelt werden kann. Wer also (z. B. aufgrund höherer Gebühren) nicht auf den außerbörslichen Handel ausweichen will, der sollte dann lieber auf einen Teil der Hebelwirkung verzichten und eine längere Laufzeit wählen.

Auswahl des passenden Basispreises & Richtwerte für das jährliche Aufgeld

Bei der Wahl des Basispreises sollte man sich nun gleichzeitig die Kennzahlen ansehen, und hierbei ist vor allem entscheidend, welches Kursziel du hast und welches jährliche Aufgeld du akzeptierst. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal die Wichtigkeit eines realistischen Kursziels betonen! Wähle im Zweifelsfall lieber einen niedrigeren (bei einem Put: höheren) Basispreis. Vielleicht entgehen dir dabei in geringem Ausmaß ein paar Euro durch die geringere Hebelwirkung, das ist aber allemal besser als Verluste durch einen zu hoch (zu tief) gegriffenen Basispreis zu erleiden.

Je tiefer (bei einem Put: je höher) dein Kursziel für den Basiswert liegt, desto geringer sollte das Aufgeld sein. Je höher das Aufgeld, desto größer ist auch das Risiko des Scheins. Es empfiehlt sich (anhand bisheriger Erfahrungen) mit der Zeit eine Liste zusammenzustellen, welche jährlichen Aufgelder man je nach Art des Basiswerts bereit ist zu akzeptieren. Ich hab an dieser Stelle ein Beispiel für eine solche Liste zusammengestellt. Die Werte sind jedoch absolut subjektiv, welche Werte du selbst im jeweiligen Fall wählst, bleibt natürlich dir überlassen und ist entscheidend vom Kursziel bzw. deiner Risikobereitschaft abhängig. Die Einteilung kann nur sehr grob erfolgen, innerhalb der einzelnen Klassen unterscheiden sich die jährlichen Aufgelder der einzelnen Basiswerte voneinander. Wichtig ist, dass du dir Grenzen setzt und diese dann auch einhältst.

JÄHRL. AUFGELD

Standard- aktien

volatile BlueChips

volatile Nebenwerte

Standard- Indizes

volatile Indizes

Währungen

Anleihen

   Beispiel

BASF, Citigroup

SAP, Telekom

Consors, Qiagen

DAX, S&P 500

NEMAX, Nasdaq

EUR-USD

Bund-Fut

   für „Vorsichtige“

5 – 15

10 – 20

15 – 20

7 – 12

8 – 15

2 – 4

1 – 3

   noch akzeptabel

15 – 22

20 – 28

20 – 35

12 – 18

15 – 25

4 – 9

3 – 7

   absolutes Limit

30

35

40

23

30

12

10

Anmerkung: Diese Werte gelten nicht für kurzfristige Spekulationen von wenigen Stunden bis Tagen! Da sich die Kennzahlen normalerweise nicht von einen auf den anderen Tag drastisch ändern und der Zeitwertverlust bei Kurzfristengagements nicht so stark zu Buche schlägt, kann man hier für einen kurzen Zeitraum auch deutlich höhere jährliche Aufgelder akzeptieren, im Extremfall auch jenseits von 70 %.

Abwägen von Aufgeld, Omega und Spread und sonstigen Kriterien

Es ergibt sich nun eine recht enge Spanne von geeigneten Basispreisen. Bei Währungen und Anleihen, oft auch bei Indizes können diese durchaus ein Stück weit aus dem Geld sein. Bei Standardaktien ergeben sich meist Basispreise etwa am oder leicht im Geld, bei High-Techs werden die Scheine meist bereits tief im Geld sein. Lass dich aber nicht durch diese unterschiedlichen Ergebnisse verwirren. Nun sollte man sich je nach Risikobereitschaft unter Betrachtung von jährlichem Aufgeld und Omega einen Basispreis aussuchen. Prüfe stets, ob du für ein paar Zehntel-Punkte mehr beim Omega bereit bis, das Risiko eines höheren (beim Put: tieferen) Basispreis einzugehen! Damit sind Laufzeit und Basispreis grob festgelegt.

Nun betrachtet man die implizite Volatilität der Scheine: Bei mehreren vergleichbaren Scheinen sollte man grundsätzlich den mit der niedrigsten impliziten Volatilität wählen. Man kann jedoch aus bestimmten Gründen von dieser Regel abweichen: Besonders bei einer Kurzfristspekulation könnte der Spread ein wichtiges Kriterium sein, da dann die Kursbewegung beim Basiswert nicht so groß sein muss, um die Differenz auszugleichen. Hier könnte man den Schein mit dem geringeren Spread dem Schein mit niedriger Vola vorziehen. Ein anderer Grund könnten einfach schlechte Erfahrungen mit einem Emittenten sein, so dass man lieber einen anderen Emittenten wählt und bereit ist, dafür ein paar Cent mehr zu zahlen.

Profis werden nun evtl. noch weitere Kennzahlen wie das Vega oder auch das Gamma prüfen. Für einen Einsteiger sollte die beschriebene Vorgehensweise jedoch ausreichen. Zumindest noch kurz  anschauen solltest du dir das prozentuale Wochentheta: Zwar wird der Wert in der Regel vollkommen akzeptabel sein, wenn du dich nach meiner Faustregel für die Laufzeit richtest, aber es ist doch wichtig, stets im Hinterkopf zu behalten, dass Optionsscheine permanent an Zeitwert verlieren und nicht zum Aussitzen gedacht sind!

„K.O.-Kriterien“

Zuletzt sollte man stets prüfen, ob die nachfolgenden Punkte erfüllt sind. Erfüllt ein Optionsschein eines oder mehrere der aufgeführten „K.O.-Kriterien“ nicht, so solltest du den Schein meiden. Prüfe in diesem Fall streng, ob sich vielleicht ein akzeptabler Schein mit anderem Basispreis und/oder anderer Laufzeit findet. Andernfalls solltest du keinesfalls deine Grenzen aufweichen und irgendeinen Schein „mit Gewalt“ kaufen, sondern dich damit abfinden, dass ein direktes Investment in den Basiswert mit hoher Wahrscheinlichkeit der sinnvollere Weg ist.

1. Liegt das Delta über 0,3 (beim Put -0,3)?

Scheine mit einem kleineren Delta reagieren oft nicht mehr oder nur schwach auf Veränderungen des Basiswerts, obwohl das Omega einen hohen Wert annimmt. Zudem hat eine Veränderung der impliziten Volatilität starke und nicht vorhersehbare Auswirkungen auf den Optionsscheinkurs, der Optionsschein wird unberechenbar. Wenn du dich bei der Erstellung deiner Aufgeld-Tabelle an meinem Beispiel orientierst, dürfte aber kaum einen Schein mit einem so geringen Delta in der Auswahl stehen. Ein Schein mit einem Delta von 0,3 ist hochspekulativ. Als Neuling solltest du am besten erstmal mit Deltas ab etwa 0,6 beginnen.

2. Ist das Omega überhaupt noch lohnenswert?

Spätestens ab einem Omega von deutlich unter 2 müsst du dir diese Frage stellen. Allerdings muss dabei auch die Laufzeit und die Art des Basiswerts beachtet werden. Ein Optionsschein mit einem Omega von etwa 2 auf einen volatilen Wert kann sich lohnen, wenn die übrigen Kennzahlen (Aufgeld!) stimmen, da der Basiswert eben auch selbst sehr schnell steigen kann. Auch bei Standardwerten sind Omegas um 2,5 bei langen Laufzeiten durchaus akzeptabel. Bei einem Aktienindex jedoch sollte das Omega selbst bei sehr langen Laufzeiten wenigstens bei etwa 4 liegen, bei Währungen ebenfalls bei 4 – 5, beim Bund-Future sogar bei etwa 15 – 20.

3. Ist der Spread akzeptabel?

Hier kommt es sehr darauf an, was für einen Schein du gewählt hast. Wenn du mit einem sehr hohen Omega und sehr kurzer Restlaufzeit auf eine schnelle Kursbewegung spekulierst, dann kannst du schon mal einen Spread von 5 % des Briefkurses, im äußersten Fall, etwa bei Bund-Future-Scheinen, bis zu 10 % des Briefkurses in Kauf nehmen. Dies sollten allerdings nur erfahrene Anleger wagen. Ein großer Spread verringert deine Gewinne bzw. weitet Verluste aus, da viele Orders über den Emittenten abgewickelt werden und du somit die Differenz zwischen Geld und Brief wieder hereinholen musst. Kalkuliere den Spread am besten immer von vornherein als verloren ein! Bei mittel- oder langfristigen Engagements in Aktien- oder Index-Scheinen sollte der Spread eigentlich nicht mehr als 1 % bis 3 % betragen, nur in Ausnahmefällen, z. B. bei Bund-Future-Scheinen, bis zu etwa 5 %.

4. Ist die implizite Volatilität akzeptabel?

Eine anormal hohe implizite Volatilität stellt eine Gefahr dar. Möglicherweise wurde sie nur kurzfristig durch einen einmaligen Faktor wie ein Unternehmensereignis oder einen Kurssprung oder -sturz verursacht. Aber auch wenn dies nicht zutrifft: In sehr volatilen Märkten ist es – gerade bei mittel- oder langfristigen Engagements – manchmal klüger, die Finger von Optionsscheinen zu lassen. Ein Rückgang kann starke Kursverluste verursachen, ohne dass sich der Basiswert nennenswert bewegt, siehe Teil 10 dieser Serie. Ungefähre Normalwerte für die implizite Volatilität kannst du der folgenden Tabelle entnehmen. Die Einteilung ist allerdings auch hier sehr grob, innerhalb der einzelnen Kategorien unterscheiden sich die einzelnen Basiswerte, daher kann eine pauschale Aussage nur ungenau sein.

IMPLIZITE
VOLATILITÄT

Standard- aktien

volatile BlueChips

volatile Nebenwerte

Standard- Indizes

volatile Indizes

Währungen

Anleihen

   Beispiel

BASF, Citigroup

SAP, Telekom

Consors, Qiagen

DAX, S&P 500

NEMAX, Nasdaq

EUR-USD

Bund-Fut

   Normalwert ca.

30 – 40

40 – 55

60 – 80

20 – 25

50 – 65

11 – 14

5 – 6

   absolutes Limit

45

65

90

28

70

16

7

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